Das Buch

Sein Arzt spricht etwas nebulös von wenigen Tagen. Genauer kann er es nicht sagen. Doch in der Diagnose ist er sich sicher, todsicher: ALS. Konrad Bleuer bezweifelt den Befund. Wahrheit gegen Hoffnung. Er ist theoretischer Physiker und einsam, lebt in seiner virtuellen Welt. Konrad denkt und rechnet immer in Modellen. Sollte es wirklich stimmen, dann braucht er es präziser: Wieviel Tage noch? Folglich entwickelt er für sich eine Zeitformel. Das Resultat: 10 Tage noch! Dann kommt der Tod. Sein Lebensabschnitt soll dann enden. So seine Formel. Wenn die eingegebenen Parameter stimmen. Indes, die Zeit läuft ungeachtet seiner weiter. Konrad klammert sich an seine Theorie. Erst verzögert er den Paramater Zeit. Dann ändert er das Vorzeichen, invertiert die Zeitrichtung. Wie ein rückwärts laufender Film. Wiedererleben, was er in seiner Welt bereits erlebt hat. Wiedersehen, was schon in seinem Gedächtnis abgespeichert ist. Damit will er seinem Tod entgehen. Sein ehemaliger Kommilitone Beppo, den er aufsucht, begleitet ihn dabei.

Zeitumkehr erzählt von dem Bewusstwerden über die Zeit, die endlos erscheint. Jedoch, für jede lebende Kreatur gleich: Eine kurze Lebensepoche, ein Zeitstrahl, der irgendwann beginnt - und endet. Nicht umgekehrt. Die Zeit kennt nur die eine, nicht umkehrbare Richtung. Man kann sich der Vergangenheit nur erinnern. Und nur in seinen eigenen Bildern. Man kann sie nie nochmal erleben. Und die Zukunft lässt sich nicht beobachten. Nur das Sein ist.

Die Geschichte

Ich läse das Buch zu gerne rückwärts. Das letzte Kapitel zuerst. Dann wüsste ich schon gleich zu Beginn, wie die Geschichte ausgeht. Ohne das erste Kapitel gelesen zu haben. Dann kennte ich zwar den Anfang nicht. Aber schon das Ende. Später käme ich ohnehin noch zum Anfang.
Jedoch, es entginge mir der übliche Verlauf einer Erzählung, von der Eröffnung hin zum Dramatischen. Also doch komplett lesen und mit der Einleitung beginnen.
Rückwärtslesen? Was nützte das? Ich bräuchte genauso viel Zeit, das Buch von hinten nach vorne zu lesen wie von vorne nach hinten. Oder sogar noch länger. rhekmutieZ. Und ich könnte die Geschichte sowieso nicht mehr ändern.
Es hilft nichts. Am Ende des Buches ist alles geschehen. Die Zeit läuft nicht rückwärts.

Die Motivation

Irgendwann ist Zeit, sich zu erinnern. Oder nach vorne zu schauen: wieviel bliebt noch? Lebenszeit, vergangen oder noch vor mir, verschwendet oder noch zu nutzen. Ich frage mich, wie geht es den Menschen, die ihrem Ende entgegensehen, aufgrund des Alters, einer unheilbaren Krankheit, eines Todesurteils. Manchmal möchte man gerne den Zeitstrahl umdrehen, von der Zukunft über die Gegenwart in die Vergangenheit. Die Natur lässt es nicht zu. Alles ist spiegelsymmetrisch, nur die Zeit nicht. Symmetriebruch.

Zeitumkehr macht bewusst, wie wenig bleibt.

Der Autor

Edgar Bernardi, beobachtender Physiker, versteht sich als emotionalen statt kopfgesteuerten Naturwissenschaftler. Seinem Debütroman Licht des Schattens, eine Coming of Age-Erzählung, folgte Der rot-blaue Boccalino über polarisierende Menschen in einem kleinen Tessiner Dorf - wie in der großen Welt.
In Zweistromland erzählt er vom Identitätsverlust der Ostdeutschen, die sich in einem wiedervereinten Deutschland noch immer wie Bürger zweiter Klasse fühlen.
Mit Was die Welt im Innersten zusammenhält wagt er den Versuch, Kindern die faszinierende Welt der Physik ohne Mathematik und Formeln näherzubringen.
Um mit dem vorliegenden Roman Zeitumkehr, der von der Hoffnung der Umkehrbarkeit der Zeit lebt, wieder in die Belletristik zurückzukehren.

Die Leseproben

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